Apfelkuchen und Backkultur
Bei einer Buch-Präsentation zum Thema ‘Amerikanisch Backen’ traf sich ein Trüppchen von Frauen, überwiegend junge aus den Koch-Redaktionen der Münchner Zeitschriften, zwei ältere Semester, ein Moderator und die in Deutschland lebende amerikanische Autorin. Unsere Gastgeberin hatte schon fleißig gebacken und den Teig für einen Apple Pie vorbereitet. Wer diesen fertigstellen wolle, wurden wir gefragt. Betretenes Schweigen. Dann meldeten wir beiden älteren Semester uns und banden uns die Küchenschürzen um. Nachdem wir den Teig ausgerollt, ihn in kleine Förmchen gelegt, die vorbereitete Apfelmasse darauf gehäuft und Teig darüber drapiert hatten, bemerkten Autorin und Moderator anerkennend, dass wir wohl nicht zum ersten Mal Apple Pie zubereiten würden. Eigentlich schon, antworteten wir einvernehmlich, aber schon oft genug gedeckten Apfelkuchen.
Später saßen wir bei Kaffee, Muffins, Torte und Apple Pie zusammen und erfuhren Interessantes über die quirlige Autorin. Sie war Tänzerin, aber weil sie mal etwas anderes machen wollte, eröffnete sie eine Kaffee-Rösterei und begann mit dem Backen. Sie wusste, dass ihr jedes Projekt gelingen würde, musste sich nur für eine der vielen Ideen entscheiden. Sie wurde Bäckerin, schrieb Bücher, eröffnete ein Café, gründete nebenbei eine sechsköpfige Familie.
Ob es in Amerika denn eine Backkultur gäbe, wollte die Endfünfzigerin an meiner Seite wissen, und die Autorin versicherte: Selbstverständlich und überhaupt sei die amerikanische Back- und Esskultur großartig. Der junge Moderator hing ihr an den Lippen und fragte, wie das vor 20 Jahren war, als sie nach Deutschland kam und es hierzulande noch keine Muffins und keinen Apple Pie gab. Ja, das sei eine Wüste gewesen, niemand kannte die feinen Kreationen aus Amerika, aber langsam würden Cakes, Pancakes und Cupcakes ja Fuß fassen. „Sie darf vor 15 deutschen Hausfrauen unwidersprochen kundtun, dass sie uns die Backkultur gebracht hat“, raunte meine Nachbarin, und ich nickte lachend. Ein gelungenes Beispiel für ‘Amerikanisches Selbstbewußtsein versus deutsche Zurückhaltung’, das fanden wir beide.
Der Apple Pie – die deutsch-amerikanische Co-Produktion – hat fein geschmeckt, ich habe ein paar neue Küchen-Kniffe gelernt und ein schönes Buch geschenkt bekommen. Und ganz nebenbei ist die Erkenntnis gereift: Backen können wir hierzulande schon lange und Apfelkuchen backen auf so eine vielfältige Weise, dass sich jeder Amerikaner und jede Amerikanerin gerne ein Stück davon abschneiden darf.
Viel Spaß beim Apfelkuchen backen!
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